Bei meiner Schwester und mir war das anders. Hier übernahm meine Mutter die „unangenehme“ Erziehung, sie schlug uns. Wir bekamen Poklapse, Ohrfeigen, bisweilen auch richtige Schläge. Unser Vater setzte sich mit Gewalt nur im Auto durch oder wenn er eher im Spaß mal leichte Kopfnüsse gab. Ich erinnre mich, wie meine Schwester mindestens einmal von unserer Mutter mit einem Kochlöffel geschlagen wurde. Meine Schwester lag, um sich halbwegs zu schützen, bäuchlings auf ihrem Bett mit dem Gesicht in den Kissen. Meine Mutter drosch wutentbrannt auf sie ein, ich stand in der Tür des Kinderzimmers und sah erschreckt zu. Ich glaube, das war einer der Gründe, warum meine Schwester so besonders großen Wert auf eine gewaltfreie Erziehung setzte bei ihrer eigenen Tochter. Eine Erziehung, die schließlich so weit ging, dass ihre Tochter meiner Schwester ungestraft ins Gesicht schlagen durfte. Ich selbst bin meiner Erinnerung nach lediglich mit der Hand geschlagen worden, nie mit „Gerät“. Und mindestens zweimal hat meine Mutter das bereut. Einmal hatte ich ein Matchboxauto in der Hand, als sie mir den Hintern versengen wollte. Im Reflex hielt ich meine Hände mit dem Auto nach hinten (es dürften also nicht die ersten Schläge gewesen sein) und meine Mutter schlug mit voller Kraft auf das Spielzeugauto. Später jammerte sie über die Schmerzen, die sie in der Hand wegen des Autos hatte.
Das andere Mal, dass sie es bereute, war erst einige Jahre später. Ich war schon Teenager, wollte vermutlich irgendwas nicht machen, was sie von mir erwartete oder umgekehrt, jedenfalls versuchte sie, mich zu schlagen – zum letzten Mal, denn ich wehrte mich und boxte ihr in den Bauch. Und meine Schwester stand daneben und hetzte meine Mutter gegen mich auf, dass es jetzt gefährlich würde, weil sie sich nicht mehr gegen mich durchsetzen könnte.
Ich hatte damals Freunden davon erzählt und die waren wesentlich geschockter davon, dass ich meine Mutter geboxt hatte, als dass ich bis dahin immer wieder von ihr geschlagen worden war. Es war eine Lebensphase, in der ich ernsthaft erwogen hatte, mir im Wald eine Hütte anzulegen und von zu Hause abzuhauen.
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