An der Grundschule hatte mein Vater sich ebenfalls engagiert. Er war im Elternrat, ich glaube sogar als Vorsitzender, bin mir da aber nicht sicher. Einmal gab es an der Schule ein Sommerfest, da galt es etwas zu klären wegen der Gasflaschen für die Ballons, die wir später mit einer Karte steigen lassen wollten. Deshalb ging mein Vater mit meiner Lehrerin und dem strengen Hausmeister, der aus den Fahrrädern vor unserer Schule regelmäßig die Luft rausließ, weil wir nicht mit dem Fahrrad kommen durften (es gab nur eine Ausnahme, als ein Schüler weiter weg zog), in den Keller und ich durfte stolz mitkommen. Bei dem Sommerfest gab es auch einen Nagelwettbewerb und ich als Schreinerenkel konnte die Nägel mit den wenigsten Schlägen in den dicken Balken prügeln.
Als ich eingeschult wurde, hatte ich mir vorgestellt, dass meine Lehrerin schulterlange blonde Haare haben müsste. Das erzählte ich natürlich meinen Eltern. Leider hatte die Klassenlehrerin aber einen schwarzen Bob mit vielen grauen Strähnen. Mein Vater machte sich den Spaß, ihr am ersten Elternabend von meinen Blondinenvorstellungen zu erzählen, was sie wohl recht amüsant fand. Im Januar nach dem Tod meines Vaters sollten wir bei dieser Lehrerin einen Aufsatz über unser Weihnachtsfest schreiben, über unsere Feiern, unsere Geschenke. Ich glaube, der Aufsatz ist einer der Gründe, warum ich mich noch recht gut daran erinnern kann. So glänzte ich eben auch dadurch, dass ich Walkie-Talkie korrekt schreiben konnte. Nachdem die Lehrerin die Aufsätze gelesen hatte, fragte sie mich, ob man an Weihnachten schon merken konnte, dass es meinem Vater schlechter ging. Man konnte, und ich erzählte ihr auch das. Ich weiß sogar noch, was ich meinem Vater zu seinem letzten Weihnachten geschenkt habe: Es war eine Kerze in Form einer stehenden Maus mit Mantel und Zylinder. Kitsch. Aber Kitsch, den ich als Kind lustig und schenkenswert fand. Die Kerze stand noch viele Jahre in unserem Sideboard, wenn ich mich recht entsinne, neben meiner Geburtstagskerze, die von 1 bis 18 im Zentimeterabstand durchnummeriert war. Jeden Geburtstag kam sie auf die Festtagstafel, dann wurde das vergangene Jahr abgefackelt.
Meine Grundschullehrerin war auch bei der Beerdigung dabei gewesen. Und als sie ans Grab kam, um uns ihr Beileid auszusprechen, war das der einzige Punkt während der Beerdigung, an dem ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken konnte. Vorher und Nachher war mein ganzer Körper wie taub gewesen.
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