Bernd Eichinger, der Axel Springer des deutschen Films, hatte die Menschheit mit einem weiteren seiner Ergüsse belästigt, die man auch beim besten Willen nicht als geistig bezeichnen kann.
Zunächst das Schlimmste: Die extrem beschissene Filmmusik, die von den Komikern der Musikindustrie bei Amazon als „grandioser Score“ und „packend“ beschrieben wird, obwohl sie mit wenigen Ausnahmen die Gelegenheit verschenkt, die damals aktuelle Musik intelligent einzusetzen. Stattdessen belästigen die offenkundig ohrenlosen Komponisten Hinterthür (sic!) und Tesloff den Zuschauer mit Streicherorgien in einer „Qualität“, die den Machern der Trailer für Cobra 11 peinlich wäre.
Weniger schlimm und doch kein Pluspunkt: die Besetzung. Eichinger, der tittenfixierte, sabbernde alte Sack (ich bin nicht schwul, aber warum sind in einer Zeit der sexuellen Befreiung stets nur die Frauen komplett nackt?) hat so ziemlich jede Wurst in den Film gezerrt, die in den letzten Jahren für mehr als zwei deutschen Produktionen das Gesicht hergehalten hat. Da bereits bei diesen Filmen darstellerische Qualitäten nicht vonnöten waren, kann das Ergebnis auch bei diesem Kompott nicht überraschen.
Moritz Bleibtreu, den ich grundsätzlich nicht einmal sooo schlecht finde, beispielsweise hat er mir besonders in Solino gefallen, spielt Baader plump, oberflächlich und irgendwie daneben. Er erschafft keine echte Person, sondern nichts mehr als einen herumrüpelnden Brutalo. Hinterfotzige Bauernschläue, die eine Gestalt wie den echten Baader eben auch ausmachte, wird nicht einmal im Ansatz gezeigt.
Ähnlich die sonst hochgelobte Gedeck, deren vielzitierten Fähigkeiten ich nicht entdecken kann: Ihre Darstellung der Meinhof schwankt zwischen gewünschter Revolutionarität, Skrupellosigkeit und gespielter Zerrissenheit, wie sich ein Laienschauspieler solche Situationen im Leben eben vorstellt. Echt wirken sie jedenfalls kaum.
Bruno Ganz, der sympathische Hitler-Parodist aus dem Untergang, spielt Herold wie jemand, der Bruno Ganz als Hitler-Parodisten parodieren möchte. Und sogar noch ein klein wenig flacher. Dazu darf er Sätzchen aufsagen, bei denen man jede Sekunde merkt, dass sie in Wirklichkeit kaum gesprochen, sondern eher geschrieben waren.
Andere Figuren bleiben sogar noch blasser. Wenn man die Rolle der Schauspieler nicht halbwegs am Äußeren erkennen kann wie bei Raspe, hat man beim Rollenraten schon verloren. Angesichts dieser Flachheit kann es nicht verwundern, dass die andere Seite (Staat und/oder Opfer) noch nichtssagender dargestellt wird.
Kurz: Fast alle Hauptfiguren spielen, als ob ein ambitionierter Theaterregisseur einen Klassiker besonders modern aufführen möchte. Er nimmt, sagen wir mal, Faust und inszeniert ihn auf einer schwarzen, requisitenlosen Bühne, indem er alle Schauspieler kurz vors Publikum treten lässt, wo sie dann ihren auswendig gelernten Text herunterleiern und die Bühne wieder verlassen. Die Schauspieler bekommen kaum eine Chance, aber sie machen auch nichts aus dem Bisschen, das ihnen übrig geblieben ist.
Besonders dämlich sind ansonsten die an einzelnen Stellen wie blöde ausgewalzten Actionszenen, die niemanden in diesen Film locken werden. Wer solche Szenen sehen möchte, guckt sich nämlich Filme an, die er verstehen kann und nicht so ein Kompott.
Genauso nervig sind die echten, aber oftmals nachbearbeiteten Nachrichtenschnipsel, mit denen eine Authentizität erreicht werden soll, die aber aufgrund ihrer Bearbeitung nicht mehr als eine künstliche Scheinwelt erschaffen.
Hierhin gehört auch die gedrängte Darstellung der Geschehnisse im Jahr 68, um noch dem unbedarftesten Zuschauer zu erklären, dass 68 wirklich ein ganz, ganz revolutionäres Jahr war, in dem in Vietnam Krieg war, sowohl Martin Luther King als auch Bob Kennedy erschossen wurde (Che dagegen ein Jahr früher, Schwamm drüber) und sogar die schlimm unterdrückten Menschen im wilden Osten auf die Straße gegangen sind. Übrigens handelt es sich ausgerechnet bei diesen besonders gut erkennbaren, weil ikonographischen Bildern um die Stelle im Film, an der am ausführlichsten erklärt wird, wo man sich gerade befindet; die meisten weiteren Informationen, wo wer was macht, muss man entweder schon haben oder darauf verzichten.
Und genau hier liegt neben der Musik die größte Schwäche im Film: Ohne Hintergrundwissen ist er nicht verständlich. Man benötigt ein Kopfkino mit den tatsächlichen Geschehnissen, um überhaupt verstehen zu können, was in den einzelnen Szenen passiert. Und die gegebenen Informationen sind viel zu dicht gedrängt, um einen Erzählfluss entstehen zu lassen.
Sinnvoller wäre es wohl gewesen, den Film ab Stammheim spielen zu lassen und sich aus der Vergangenheit nur einzelne Ereignisse beispielsweise über Rückblenden oder einfach nur über Schnitte herauszupicken und mit den Ereignissen in Stammheim gegenzuschneiden.
Fazit: Der Film ist hohl, fehlbesetzt und mit einem miserablen Sounddreck untermalt. Dagegen muss wohl positiv vermerkt werden, dass der Film nicht noch schlechter geworden ist angesichts der Tatsache, dass der Produzent Eichinger ja auch noch das Drehbuch geschrieben hat (an dem Regisseur Uli Edel immerhin mitschreiben durfte).
Trotz allem möchte ich dringend empfehlen, dass sich jeder halbwegs politisch interessierte Mensch diesen ersten Versuch einer kinematographischen Annäherung an die RAF jenseits von Spiegel-TV-Dokumentationen und öffentlich-rechtlichen Zweiteilern anschauen sollte. Der Versuch nämlich ist auch für einen geldgeilen Schwachkopf wie Eichinger durchaus ehrenwert zu nennen. Allerdings können wir nun nur noch darauf warten, dass Nachgeborene aus meiner oder einer späteren Generation, die die Zeit nicht oder kaum bewusst miterlebt haben, bei denen sich also der Großteil des Films nicht parallel als Kopfkino abspielt, das bewegende und durchaus spannende Thema eines Tages aufnehmen und adäquat in Szene setzen werden.
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